Transgenerationale Traumatisierung

Transgenerationale Traumatisierung ist erst in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus gerückt. Es handelt sich nach wie vor um ein häufig übersehenes Phänomen.

Heute in Europa lebende Menschen sind Nachkriegskinder oder Kinder und Enkel der Nachkriegskinder. 

Viel Leid und Trauma, das im 2. Weltkrieg erfahren wurde, ist unbearbeitet geblieben. Zu Psychotherapie oder gar Traumatherapie hatte der Großteil der Kriegsgeneration keinen Zugang. 

Der Umgang mit den unerträglichen Erfahrungen war daher häufig Verdrängung, Abspaltung und viel Schweigen.

Die moderne Epigenetik gibt uns deutliche Hinweise darauf, dass Traumata an nachfolgende Generationen "vererbt" werden können.

Außer Kriegstraumen betrifft dies natürlich auch alle Formen von Gewalt, Missbrauch und Vernachlässigung.

In meiner Tätigkeit als Traumafokus und Brainspotting Therapeutin erlebe ich immer wieder, wie traumatische Erlebnisse vorangegangener Generationen in Therapien eine Rolle spielen.

Häufig braucht es vor allem eines- die Bereitschaft sich nicht davor zu verschliessen.

Traumaweitergabe über die Eltern/ Kind Beziehung

Traumatisierte Eltern leiden unter einer psychischen Beeinträchtigung, die durch die enge Eltern/ Kind Beziehung auch Folgen für das Kind beeinhaltet.

Vor allem Babys und Kleinkinder können Gefühle nicht selbsttätig regulieren und sind auf Unterstützung durch Bezugspersonen angewiesen. 

Kinder benötigen Bezugspersonen, die Gefühle empathisch wahrnehmen können und selbst die Fähigkeit besitzen sich zu regulieren und zu beruhigen. Eigenschaften die unbehandelt traumatisierten Personen oft schwer fallen.

Traumatisierte Eltern sind zudem häufig "emotional erstarrt" oder übermäßig mit ihren eigenen Gefühlen beschäftigt. Kinder haben das Gefühl die Eltern emotional nicht erreichen zu können. Der Eindruck "nicht gesehen zu werden" kann ebenso entstehen wie etwa Verwirrung oder ein unangemessenen Verantwortungsgefühl für die Eltern.

Oftmals zeigen Eltern Verhaltensweisen, die für das Kind nicht verstehbar sind. Etwa Gefühlsausbrüche wie plötzliches Weinen,  Aggressivität oder auch beharrliches Schweigen, wenn das Trauma beim Elternteil "getriggert" wird. Das Kind nimmt den Elternteil als "unberechenbar" wahr, erlernt evtl. Vermeidungsstrategien um diese Situationen zu umgehen und fühlt sich häufig schuldig.

Trauma- Weitergabe und Epigenetik

Studien zeigen, dass traumatische Erlebnisse zu epigenetischen Veränderungen führen können.

Proteine, die die DNA "ablesen",  können durch traumatische Erfahrungen verändert und diese Veränderung auch an folgende Generationen vererbt werden.

Die gute Nachricht dabei ist, dass diese Veränderungen nicht fixiert sind, sondern etwa durch eine erfolgreiche Psychotherapie positiv darauf Einfluss genommen werden kann.

Somit ist es möglich, Trauma- Weitergabe an die nächsten Generationen auch wieder zu unterbrechen oder zumindest abzuschwächen.

Psychotherapie bei transgenerationalem Trauma

Wenige Menschen kommen in meine Praxis mit dem Anliegen transgenerationales Trauma zu behandeln.

Manche Klient:innen haben allerdings das unbestimmte Gefühl oder den Verdacht, dass die traumatischen Erlebnisse ihrer Eltern auch heute noch eine Rolle in ihrem eigenen Erleben spielen.

Oft braucht es einfach eine Offenheit dafür, die Bereitschaft auf das Trauma der Elterngeneration zu schauen um besser zu verstehen und Heilung zu ermöglichen.

Generationen- Brainspotting ist hier aber auch eine Möglichkeit fokussiert mit der Thematik zu arbeiten.


Generationen Brainspotting

Brainspotting ist eine Methode der Traumatherapie, die es ermöglicht gezielt mit den Körpererinnerungen an einem Trauma zu arbeiten.

Generationen Brainspotting ist eine Weiterentwicklung durch Ruby Gibson, einer amerikanischen Therapeutin mit native- Wurzeln, deren Seminar mich 2014 erstmalig  für das Thema transgenerationale Traumatisierung sensibilisiert hat. Seither erweitert die Sicht auf dieses Thema meine therapeutische Arbeit.

Körpererinnerungen können auch das Tor öffnen für Erlebnisse unserer Vorgenerationen und viele Jahre später noch Heilung ermöglichen.


Silvia Kessler-Eckhart, Psychotherapeutin, 1030 Wien